Pumpwerk (Foto: Thorsten Siemens)

Auszug aus Blutiger Vorsatz / Kapitel 1

Ich war mit meinem besten Freund und seiner Frau auf der Classic Rock Silvesterparty im Pumpwerk, einem historisches Industriegebäude in Wilhelmshaven, das seit Mitte der Siebziger Jahre als Veranstaltungsort für allerlei Unterhaltungsveranstaltungen genutzt wird. Bis um Mitternacht hatten wir viel Spaß zusammen, haben gelacht, getanzt und laut mitgesungen. Doch nach dem Jahreswechsel kippte meine Stimmung schlagartig. Es war schwer mit anzusehen, wie sich Jan und Katja plötzlich in den Armen lagen, sich küssten und verliebte Blicke austauschten. Selbstverständlich gönnte ich den beiden ihr Glück, aber es machte mir auch schmerzlich bewusst, was ich selbst verloren hatte.


Auszug aus Blutiger Vorsatz / Kapitel 4

 

Nachdem ich den Brief in den gelben Kasten eingeworfen hatte, machte ich noch einen kurzen Abstecher zur Sparkasse, um meinen Kontostand zu checken. Mein Kontosaldo bewegte sich seit Monaten am Rande der Null-Linie und sollte diese auf keinen Fall unterschreiten. Ich überquerte den großen Parkplatz mit dem riesigen Springbrunnen in der Mitte und blickte auf das imposante fünfstöckige Gebäude. Auf der Höhe der vierten Etage hing eine dreieinhalb Meter große Bronze-Plastik. Sie stellte einen nackten Mann dar, der sich mit der rechten Hand an der Fassade des Gebäudes festhielt und mir seine linke entgegenstreckte. Die Skulptur erinnerte mich daran, dass die Mitglieder meiner Fußballmannschaft im letzten Jahr einen gemeinsamen Wochenendtrip verabredet hatten. Michael hatte sich bereit erklärt die Planung zu übernehmen. Das Programm hatte er bis heute geheim halten können. Er hatte uns lediglich verraten, dass wir unter anderem auch klettern gehen würden. Das Geld für den Trip sollten wir zum Training am Mittwoch mitbringen.

 

 

Skulptur "Der Steiger" des Künstlers Rainer Fetting an der Fassade der Sparkasse Wilhemshaven (Foto: Thorsten Siemens)


Auszug aus Blutiger Vorsatz / Kapitel 8

Nach einer ausgiebigen Dusche zog ich mir eine neue Jeans und ein frisch gebügeltes Hemd an und machte mich auf den Weg. Es war jetzt 19:00 Uhr und ich entschied, die kurze Strecke zu Jasmins Wohnung zu Fuß zu gehen. Ich ging die Peterstraße entlang, bog in die Innenstadt ab, durchquerte die Nordseepassage und lief direkt über den Valoisplatz auf den großen weißen Gebäudekomplex mit den blauen Balkonen zu. Bis hierhin war die Strecke durch die Straßenlaternen und Schaufenster noch recht hell erleuchtet, die letzten Meter waren jedoch sehr dunkel und vor allem einsam. Auch wenn ich es eigentlich nicht zulassen wollte, so beschäftigte mich der Gedanke an den Drohbrief immer noch ein wenig.

 

Und wenn der jetzt doch nicht von Horst Bachmann war?

 

Immer wieder schaute ich mich hektisch um, aber mir schien niemand zu folgen.

 

War da ein Geräusch? Folgt mir vielleicht doch jemand?

 

Während ich mit einem Auge die Namen neben den zahlreichen Klingelknöpfen scannte, versuchte ich mit dem anderen meine nähere Umgebung im Blick zu behalten, um so schnell genug auf einen potentiellen Angreifer reagieren zu können. Dazu presste ich mich mit dem Rücken gegen die Eingangstür und lehnte meinen Kopf schräg gegen die Hauswand. Zum Glück hatte mich niemand in dieser unnatürlichen Körperhaltung gesehen.

 

 

Das Hochhaus, in dem Jasmin wohnt (Foto: Thorsten Siemens)